der
weg wird mit dem gehen -
> (...) mein vater deklamierte mit absichtlich ironischer
betonung gedichte, die er aus meiner geheimschublade
entwendet haben musste. er zerrte, was mir heiliges
eigentum schien, auf den markt des vergnügens und
verzerrte, was mir köstliches ergebnis eigensten
ausdrucks war, zu lächerlicher, nur spottes werter
nichtwürdigkeit. glühende erregung wollte
explosion, entsetzte ohnmacht zusammenbruch. einen kleinen
augenblick geschah etwas seltsames. etwas, was mir später
nur in wenigen, grössten stunden meines daseins
ebenso spontan und unerklärlich geschah: ich kniete
nieder und drückte meinen kopf tief in meine hände.
es mochte eine ruhige minute sein. ohne denken, fast
abwesend. ein fallen in mich selbst. ein verschweben
ins wesenlose. dann lief ich auf dem selben wege, auf
dem ich gekommen, wieder aus dem hause. draussen war
nacht. wo ich hätte hingehen sollen, wusste ich
nicht. ich marschierte flott aus der stadt heraus auf
die wälle, die sie grasbewachsen umgaben, frühere
befestigungswerke, damals nur noch beliebte spazierwege
säumend. auf so einem wall konnte man gut stehen.
es war wunderbar, das hemd aufzuknöpfen, luft,
viel luft, viel gute, saubere, klare, wahre luft einzuatmen,
hochzustehen, dem himmel nah, und in die sterne zu schauen.
aber es wäre doch viel schöner gewesen, nun
nicht allein zu sein. an jemanden denken zu können.
eine hand zu drücken. zu wissen, es gibt auch andere.
zu ahnen: es gibt auch eine bessere welt. du musst nicht
nur hart, stark, trotzig sein für dich selbst.
irgendwann war einer da. ich fühlte es, wie er
sich für mich interessierte. ich merkte, wie er
meine gesellschaft suchte. schliesslich in den schulpausen
und auf schulwegen immer an meiner seite war. und wie
ich auch ihn immer mehr gern mochte. wir besuchten uns.
er war ein jahr älter als ich, und er war ein stück
grösser, schlanker, muskulöser: ein junge,
gespannt wie ein auf die welt gerichteter bogen. der
pfeil schnellte ab. er traf mich, wo ich am empfindlichsten
war: meine sehnsucht nach gemeinschaft fand ihre erste
erfüllung. draussen auf den wällen vor der
stadt geschah es. da lagen wir in heraufziehenden sommernächten
und sahen in den himmel und sprachen furchtbare dinge.
niemand hätte sie hören dürfen. später,
ich hatte längst erfahren, dass es da eine ganze
gruppe von jungens gab, die dachten wie er, wie wir,
später, ich war längst zu ihnen gehörig,
verschworen wir dem herrlichen bund, der anders, ganz
anders leben wollte als die alten, die träger der
lüge, später erst sah der himmel über
den wällen auch geheimnisse von nicht geringerer
süsse und doch schaudernd grossartig erlebt. da
hatten wir uns umarmt und geküsst. er war schön,
stark, und sein körper war ein wunder. er war schön,
stark, und ich fand das wunder des meinen. irgendwie
war ich erlöst zu einer nie so herrlich erahnten
freiheit.<
Walther Victor, alt-wandervogel aus posen. meissner-fahrer
1913, teilnehmer am reichsjugendtag der SAJ in weimar,
1920. als jude und sozialdemokrat 1933 westliche emigration;
als kommunist nach 1945 rückkehr aus dem US-exil
in die SBZ/DDR. ein bewunderer von "tusk" und dj.1.11.
obiger text ist seiner auto-biographie: "kehre wieder
über die berge" entnommen. (Willard publishing
company, new york 1945; aufbau-verlag berlin und weimar;
Karl-Marx-werk pössneck 1982, s. 36-37.)
mehr als nur ein intellektuell-ästhetisches
totem -

der wanderfalk: falco peregrinus peregrinus: greifvogel
mit der vollkommensten flugweise in höhe und weite;
beim herabstossen bis zu 350 kmh schnell; jagend in
wald- und gebirgslandschaften, in tundren und an meeresküsten.
wanderungen: hochnordische formen ziehen bis in die
tropen.
dem stauferkaiser Friedrich II. (1194-1250), berühmt
als mathematiker, naturwissen-schaftler, philosoph und
verfasser eines buches über die falkenjagd, dessen
umgangssprache die damalige gelehrtensprache arabisch
war, galt der wanderfalk als symbol der schönheit
und des erhabenen lebensgefühls. er selbst war
eine von der deutschen jugendbewegung und dem dichterkreis
um Stefan George verehrte idealgestalt der aufgeschlossenheit
für die sinnfragen des seins und des eigenen bemühens
um die kultur von kunst und wissen. (künstler,
forscher und soldat in eins zu sein: eine forderung
von dj.1.11, die auf den universalisten Friedrich II.
verweist).
»tusk« beschäftigte sich schon als
schüler mit ornithologie. bereits seine frühesten
vogelzeichnungen wurden wegen ihrer schönheit und
exaktheit von wissenschaftlern gerühmt. ziehen
wir das mit dem oben beschriebenen in betracht, können
wir wissen, warum er den falco peregrinus peregrinus
als symbol für dj.1.11 wählte: den falken
in seiner lebendigen schönheit und gewandtheit
zu betrachten, bringt eine zuneigung zu ihm hervor,
die das idealisierte bild der eigenschaften in sich
trägt, die auch dem schöpferischen menschen
als vorbildlich gelten: der falk also das symbol für
das hochfliegend eigene: für wildheit, freiheit,
wagnis und mut. und im emblem der jungenschaft die drei
wellen: als das sinnbild des unwägbaren lebens
gedacht: weite, tiefe, unergründlicher ozean.
der bauhaus-geschulte künstler »tusk«,
der als gestalter in kugel, kubus und pyramide die drei
konstruktiven grundformen jeder komplexen erscheinungsform
sah (zweidimensional als kreis, quadrat und dreieck
gedacht), und der diese absolute sichtweise in der forderung
nach strenger geistigkeit und ästhetik sich und
denen nahelegte, die mit ihm im bunde waren, zeichnete
den falken in dieser art: aus den kreisen und kreissegmenten
den körper und die schulterelemente der schwingen;
von den schwingenspitzen und in verlängerung der
schwanzfedern zur spitze des schnabels und darüber
hinaus: die langausgeformten gleichseitigen dreiecke
als erlebniselemente des pfeilschnellen flugs.
die wiedergabe dieses konstruktions-schemas legt dar,
wie der falke zum piktogramm gestaltet wurde, das sich
von allem redundanten abstrahiert und damit archtetypisch
ist. vom grafiker ist zu sagen, dass er jemand ist,
der die dinge des lebens im gegenlicht sieht. zur schärfe
seiner intellektualität muss aber immer auch des
malers liebe zum ausgeleuchtet farbigen detail treten.
mit anderen worten: tao, zen, dj.1.11.

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