das stigma paulus buscher leseproben startseite kontakt

      


paulus buscher
56290 dommershausen
e-mail


paulus buscher: leseprobe IV

das Carl-Duisberg-gymnasium -
 unser territorium

 

rückblick: als uns ab weihnachten 1937 der aufenthalt im "haus nazareth" am leibusch in langerfeld (nahe heckinghausen) verboten worden war, hatte unsere gruppe in den jahren 1938 bis 1941 nachmittags und abends zutritt zur turnhalle der Carl-Duisberg-oberrealschule an der diesterwegstrasse. (1861-1923 oberrealschule barmen, 1923-1943 carl-duisberg-oberrealschule, ab 1943 Carl-Duisberg-Gymnasium. bündische keil-schule schon in den zwanziger jahren).

die nutzung der räumlichkeiten ermöglichte uns der jugendbewegte antifaschist und bekennende christ studienrat Georg Maus, religionslehrer an der schule. er stellte uns mit wissen und duldung von studienrat dr. Klemm, aber ohne wissen des damaligen direktors, OStD dr. Wilmanns, die schlüssel des gebäudes zur verfügung.

in der turnhalle, die sich auf dem schulhof des CDG befand, der zwischen der Diesterweg-strasse und sonntag-strasse angelegt war, übten wir uns in "kendo" und "jiu-jitsu" und hielten im lehrer-aufenthaltsraum unsere leseabende ab. im scheine eines wachslichtes, das auf einem totenschädel befestigt war, lasen wir Grigorij Bjelychs und Leonid Pantelejews "schkid - die republik der strolche", des ziegelsbrenners Ret Marut-B. Traven "totenschiff", Alexander Fadejews "die neunzehn", ganz im stil geheimer logen; und wir gerieten überdies in schicksalhaften kontakt zu den mitgliedern des "jugendboxclub oberbarmen", dessen sehr robuste jungen in der turnhalle trainierten. aus dieser verbindung ging 1940 eine der von den nazis in wuppertal gefürchteten hart zuschlagenden knocker-gruppen hervor, die gegen die HJ, SA, SS und gegen wehrmachts-einrichtungen aufzubringen waren. wir wollten unsere freundschaftliche sinn-gemeinschaft gegenüber den nazis zu behaupten; sie, die knocker, wollten dem diktatorischen staat -wo es und wie es nur ging- spürbare harte schläge versetzen!

der schul-pedell, onkel eines unserer jungen, verhielt sich uns gegenüber tolerant. aber aufgrund einer leichtsinnigen erzählung wurden unsere "schul-umtriebe" bekannt. das brachte uns ärger ein und den schul-direktor dr. Wilmanns gegen uns auf! so endete dort unsere zeit: dr. Wilmanns war von der NSDAP-kreisleitung wegen der bündischen aktivitäten an seiner schule gerügt und verpflichtet worden, diese radikal zu beenden. jeder schüler erschien nun als verdächtig, mit uns im bunde zu sein: die schüler des CDG insgesamt gerieten unter argwöhnische beobachtung seitens der schulleitung und der -von ihr über alle anstössigen vorgänge stets unterrichteten- HJ-führung. (5) (5.1). OStD dr. Wilmanns, der ängstliche spiesser und botsmässige staatsdiener, richtete besondere stunden weltanschaulicher auseinandersetzung mit den gemeingefährlichen HJ-feindlichen jugendlichen in oberbarmen ein, die tatsächlich die HJ von der strasse vertrieben hatten. er liess seine schüler, manche unserer freunde waren dabei, diktate über das treiben der informellen gruppen schreiben: »sie seien alle nur kriegs-drückeberger und feiglinge, denen nichts gerechteres passieren könne, als spornstreichs an die am meisten bedrohten abschnitte der ostfront geschickt zu werden!« diktierte er. -

dr. Klemm wurde 1941 zur wehrmacht einberufen. (er war nach dem kriege, ab 1952, direktor der schule). unser freund dr. Georg Maus aber, den wir »kater« nannten, fiel den nazis zum opfer! beim angriff der RAF auf elberfeld (25. juni 1943) äusserte er angesichts der brennenden stadt in aller öffentlichkeit: "diese feuersbrunst ist das rechte zeichen für das »3. reich«. aus den höllischen flammen ist es gekommen, und in flammen wird es untergehen. dieses schreckliche feuer ist gottes gericht über unsere angeblich so fromme stadt dafür, dass wir auch als christen zu all dem frevel viel zu viel geschwiegen haben!" (6).

ein fanatischer nazi-schläger, angeblich ein GESTAPO-mann, misshandelte den schmächtigen träumer Georg Maus daraufhin inmitten einer masse geifernder zuschauer. die polizei nahm dr. Maus fest, aber er entging aufgrund der intervention eines einflussreichen freundes zunächst der einweisung in ein konzentrationslager; er wurde lediglich als geschichts- und religionslehrer an das Göttenbach-gymnasium in idar-oberstein versetzt. als er hier aber die christliche feindesliebe auch gegenüber den abgeschossenen RAF-flugzeugbesatzungen predigte, die man nicht misshandeln oder gar töten dürfe, wurde er mitte mai 1944 von einer schülerin denunziert. er kam ins untersuchungsgefängnis berlin-moabit und starb im februar 1945 auf einem transport ins konzentrationslager dachau. in lichtenfels am main wurde seine leiche -gemeinsam mit anderen "hungertoten"- einfach aus dem transportzug geworfen.

(5)

wenn heute der angeblich empirisch-wissenschaftlich arbeitende ... jedoch extrem verallgemeinernd und oberflächlich kombinierende ... prominenteste der cliquen-schreiber ... Alfons Kenkmann ... ein an die NSDAP gerichtetes unterwürfiges schreiben des um seine reputation fürchtenden kleinmütigen karrieristen dr. Wilmanns als ein die wirklichkeit beschreibendes dokument ausgibt, so beweist das lediglich, dass er damit (warum wohl nur?!) den ungeist des nazi-faschismus weiterträgt. (siehe hierzu die hass-tiraden Kenkmanns und seine verunglimpfung der antifaschistischen volks-jugendbewegung in seinem beitrag: >navajos, kittelbach- und edelweiss-piraten. jugendliche dissidenten im "dritten reich". in: >piraten, swings und junge garde<, hrg. Wilfried Breyvogel, bonn 1991. in seinem zwanzigseitigen beitrag (seiten 138-158) verwendet Kenkmann 114 mal nazifaschistische schimpfwörter als bezeichnungen illegaler jugendgruppen.)

   
(5.1) dr. Wilmanns übergab 1942 ... ausser dem genannten schreiben ... die gegen angebliche informelle gruppen gerichteten (abschreckend wirken sollenden gehässigen) schüler-aufsätze der NSDAP-ortsgruppe oberbarmen. heute befinden sie sich angeblich im landesarchiv rheinland-pfalz koblenz und dienen leuten wie Alfons Kenkmann als "authentische berichte" ... wessen? der nazis selbstverständlich, deren menschenverachtende gegner-darstellungen sie als bauteile ihrer also dann ebenfalls menschenverachtenden kompilationen verwenden.
   
(6) diese geschichte wird bis heute in der "stadt der SA" (was ein Goebbel'scher ehrenname für wuppertal war) totgeschwiegen. die sache ist wohl allen -zu demokraten mutierten nazis- auch heute noch zu peinlich, die sich andrerseits mit der "barmer erklärung der bekennenden kirche" schmücken.